Es war keine Sensation, dass sich die beiden Topgesetzten am Wochenende bei den Hessischen Meisterschaften die Einzeltitel gesichert haben. Sensationell war dagegen das gesamte Turnier, vom TTC Florstadt vorzüglich ausgerichtet und bis ins kleinste Detail perfekt und zugleich liebevoll organisiert. Es passte einfach alles in der viel Platz bietenden Sporthalle Nieder-Florstadt und “drumherum”. Es wurden Maßstäbe gesetzt für kommende bedeutende Turniere in Hessen. Und das Event wurde in der Region gut angenommen. Zeitweise waren bis zu 150 Zuschauer in der Halle, die für Stimmung sorgten und die ansprechenden Leistungen der Sportler mit viel Beifall quittierten.
Alena Lemmer und Benno Oehme hatten Schwerstarbeit zu verrichten, bis sie sich - beide zum zweiten Mal in ihrer Tischtenniskarriere - Hessenmeister nennen durften. Lemmer hatte in ihrer Langstädter Teamkollegin Janina Kämmerer eine ganz starke Finalkontrahentin erwischt, gegen die sie drei Matchbälle abwehren musste, bevor ihr Turniersieg in trockenen Tüchern war. Und Oehme (TTC OE Bad Homburg) hatte im Finale gegen Vorjahresgewinner Jens Schabacker (Eintracht Frankfurt) alles andere als einen gefügigen Gegner, doch hoch fokussiert setzte sich der 23-jährige Zweitligaspieler durch.
Alena Lemmer dreimal oben auf dem Treppchen
“Das war total schwierig, gerade wenn man sich so gut kennt wie Janina und ich und auch mit dem Spielsystem des jeweils anderen bis ins kleinste Detail vertraut ist“, so die 26-jährige Nordhessin Alena Lemmer, die seit Jahren für den Topklub aus Südhessen aufschlägt, wo sie immer wieder auch zu Einsätzen in der 1. Bundesliga kommt. “Ich hatte mir schon vorher gedacht, dass es ziemlich eng werden würde und habe dann auch etwas Glück gebraucht, als Janina dreimal Matchball gegen mich hatte. Aber ich habe dabei gar nicht groß nachgedacht, sondern einfach immer weitergespielt. Und am Ende hat es ja gereicht und jetzt fühlt es sich richtig gut an. Dreimal Hessenmeister, was will man mehr!”. Bereits elf Jahre ist es her, dass Lemmer - damals noch Tischtennis-Teenager - bei Hessenmeisterschaften schon einmal ganz oben auf dem Treppchen stand.
In den Halbfinals hatte Lemmer ihrer aufstrebende Teamkollegin und Jugendnationalspielerin Lorena Morsch in fünf Sätzen das Nachsehen gegeben, während Kämmerer sich mit 4:2 gegen Amelie Rocheteau von der TGS Hausen durchsetzte, die dort in der zweiten Herrenmannschaft aufschlägt und Topbilanzen in der Bezirksoberliga einfährt.
Benno Oehme mit Gold im Einzel und Doppel
Bei den Herren kam es zum erwarteten Finale der beiden Topgesetzten, nachdem Benno Oehme den sehr starken Christian Güll (TTC Elz) und Jens Schabacker Adam Janicki (TTV Stadtallendorf) in der Vorschlussrunde ausgeschaltet hatten. Im Gegensatz zum Vorjahr gab sich Oehme, der mit seinem Team den Aufstieg in die 1. Bundesliga (TTBL) anstrebt, im Endspiel keine Blöße. Den zweiten Satz riss der Eintracht-Spieler zwar nach klarem Rückstand noch aus dem Feuer, doch am Ende triumphierte der Hessenmeister des Jahres 2022, der sich zuvor auch Gold im Doppel gesichert hatte, mit 4:1 (11:6, 10:12, 12:10, 11:9, 11:5). “Das war kein leichtes Turnier”, so der Sieger kurz nach dem Finale. “Ich hatte schon damit gerechnet, gegen Jens das Finale zu bestreiten und war ja gewarnt durch das Ergebnis im Vorjahr. Ich durfte mich aber nicht im Gedanken zu früh darauf fixieren, da ich ja erstmal das Endspiel erreichen musste und auf dem Weg dorthin Gegner hatte, gegen die man die Zügel auch nicht locker lassen darf. Im Finale war ich dann sehr fokussiert, auch wenn der zweite Satz etwas ärgerlich war, und habe sicher verdient gewonnen. Das Turnier hat Spaß gemacht und das Niveau war sehr hoch.”
Lemmer/Kämmerer eine Klasse für sich
Im Damen-Doppel wurden die Zuschauer Zeugen des erwarteten Siegeszuges der topgesetzten Langstädterinnen Alena Lemmer und Janina Kämmerer, seit Jahren eines der besten Doppel der 2. Bundesliga. Im Finale ließ man den Überraschungsfinalistinnen Janina Ciepluch (SC Niestetal) und Amelie Rocheteau (TGS Hausen) beim 11:6, 11:7, 11:6 keine echte Chance. Ciepluch/Rochetau hatten im Halbfinale die an Position zwei gesetzten Sienna Stelting (TTC Salmünster) und Lorena Morsch (TSV Langstadt) in fünf spannenden Sätzen ausgeschaltet, während Lemmer/Kämmerer gegen das frech aufspielende Langstädter Youngster-Duo Sophie Krießbach/Amelie Jia einen von insgesamt zwei Sätzen im gesamten Turnier abgeben mussten. Janina Kämmerer, im Einzel-Finale hauchdünn gescheitert, konnte mit ihrer Ausbeute in Florstadt gut leben: “Einen kompletten Medaillensatz bei den Hessischen holt man nicht immer. Auch wenn ich gerne noch den Einzeltitel geholt hätte, da war ich ja auch ganz nah dran, bin ich insgesamt sehr zufrieden.”
Oehme/Janicki lassen sich von Überraschungsfinalisten Fuchs/Linnenkohl nicht die Butter vom Brot nehmen
Im Herren-Doppel überraschten Michael Fuchs (Gießener SV) und Johannes Linnenkohl (TTV Stadtallendorf), die es - obwohl sie keiner auf der Rechnung hatte - bis ins Finale schafften und dort auch noch den klaren Favoriten Benno Oehme und Adam Janicki den ersten Satz “klauten”. Am Ende behielt das topgesetzte Duo indes mit 9:11, 11:9, 11:5 und 11:5 die Oberhand. Die an zwei gesetzten Jens Schabacker/Philipp Hoffmann (Eintracht Frankfurt) waren überraschend im Halbfinale in drei Sätzen an Fuchs/Linnenkohl gescheitert – eine von insgesamt recht wenigen faustdicken Überraschungen des Turniers.
Mixed: Lemmer/Nicklas mit überzeugenden Auftritten
Bereits am Samstagabend war die erste Titelentscheidung des Turniers gefallen. Alena Lemmer - später dreifache Hessenmeisterin - hatte sich an der Seite des Langener Oberliga-Spielers Patrick Nicklas Gold im Mixedwettbewerb gesichert. Das Duo konnte sich im Finale mit 3:1 (8:11, 11:7, 11:7, 11:5) gegen Sarah Rau (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell) und Timo Freund (VfR Fehlheim) durchsetzen. “Wir haben zum ersten Mal überhaupt zusammen gespielt und waren selbst etwas überrascht, dass es so gut funktioniert hat“, so Lemmer direkt nach der Siegerehrung. „Klar, nach dem ersten Satz hatten wir etwas Bedenken, dass Timo Freund weiter so gut trifft, aber wir haben es toll durchgespielt, auch taktisch, und uns keine Schwäche mehr erlaubt. So ein Titel fühlt sich schon ziemlich gut an“, fügte Patrick Nicklas hinzu. Bronze ging an die Formationen Janina Kämmerer (TSV Langstadt)/Noah Weber (SC Niestetal) sowie Amelie Rocheteau (TGS Hausen/Jens Schabacker (Eintracht Frankfurt).
Lob vom HTTV - Florstadt mit Lust auf weitere Topevents
HTTV-Vizepräsidentin Ursula Luh-Fleischer war sehr angetan: “Wir haben ein tolles Turnier gesehen: faszinierende Ballwechsel, vergebene Führungen und viel Kampf mit großem Herzblut - alles, was unseren Sport ausmacht. Der TTC Florstadt sorgte als Gastgeber für rundum gelungene Rahmenbedingungen - ein Dank an das engagierte Team. Danke auch an Ingrid Hoos und Reiner Richardt-Stock für die reibungslose Abwicklung der Meisterschaften.“
Stefan Koch, 1. Vorsitzender des TTC Florstadt, der mit seinem gut 30-köpfigen Helferteam alles zu jedem Zeitpunkt perfekt im Griff hatte, freute sich über die zahlreichen Komplimente: “Uns allen hat das sehr viel Spaß gemacht. Sicher ist uns bei der Durchführung auch unsere langjährige Turniererfahrung zugute gekommen, wir richten ja seit 40 Jahren jeden Juni die Florstädter Pokalmeisterschaften aus sowie gerade wieder die Florstädter Mixed-Meisterschaften, die nun auch schon seit zwei Jahrzehnten stattfinden. In sechs Jahren feiern wir unser 50-jähriges Vereinsjubiläum. Es ist zwar noch einige Zeit dahin, doch ich kann jetzt schon sagen, dass es super wäre, wenn wir da wieder eine wichtige Veranstaltung für den HTTV ausrichten könnten.”
Nach den Hessischen Meisterschaften ist vor den Hessischen Meisterschaften. Schon jetzt ist – gerade bei den tollen Eindrücken aus Florstadt – die Vorfreude auf Bruchköbel 2025 riesengroß.
