Schwechat. Alena Lemmer ist die Tischtennis-Kaiserin von Österreich. Das 15-jährige Nachwuchstalent sorgte am Finaltag der 55. Jugend-Europameisterschaften in Schwechat für das herausragende Resultat aus DTTB-Sicht. Lemmer gewann die Einzel-Konkurrenz bei den Schülerinnen und wurde damit Nachfolgerin von Nina Mittelham, die noch vor einem Jahr aus dem russischen Kasan die Goldmedaille mit nach Hause nehmen durfte. „Ich bin überglücklich und weiß ehrlich gesagt noch gar nicht wirklich, was ich zu allem sagen soll“, gab Lemmer einen kleinen Einblick in ihr Gefühlsleben, um anschließend direkt das erste TV-Interview mit einem Reporter des Österreichischen Rundfunks (ORF) führen zu dürfen.
Schülerinnen-Einzel: Alena Lemmer gewinnt verdient ihr zweites EM-Gold in Schwechat
Bundestrainerin Dana Weber schaute vor dem Endspiel gegen Marie Migot (Frankreich), Nummer zwei der U15-Europarangliste, noch schnell in ihr Ergebnisbuch um festzustellen, „dass Alena den letzten Vergleich bei den Internationalen Meisterschaften von Polen Anfang Juni mit 1:3 verloren hatte“. Umso akribischer bereitete sich die Schülerin des Deutschen Tischtennis-Internats in Düsseldorf auf diese Begegnung vor. Mit Erfolg: In den vier Sätzen gab die Zweitligaspielerin aus Baunatal nicht einen Satz ab. 11:6, 11:7, 12:10 und 11:6 hieß es am Ende für den Schützling von Betreuer Jörg Bitzigeio, der nach dem Turnier resümierte: „Alena war während der gesamten zehn Tage die beste Spielerin. Eine derartige Konstanz in den Leistungen ist in ihrem Alter schon sehr beachtlich.“ Nach ihrem dritten Platz beim Europe-Top 10-Turnier Anfang Januar im rumänischen Busau habe sich Lemmer nach Beobachtungen von Weber immer weiter gesteigert. Der Höhepunkt ist nun der Gewinn des Europameister-Titels. Nachwuchs-Koordinatorin Eva Jeler sprach von einem „super Ergebnis“ und hob die „bereits jetzt vorhandene Disziplin“ heraus. Auf der anderen Seite müsse die zweifache Goldmedaillengewinnerin allerdings noch an ihrer Vorhandtechnik und der Beinarbeit arbeiten. „Aber Alena ist erst 15 Jahre jung. Sie befindet sich auf einem guten Weg."
Mädchen-Einzel: Petrissa Solja unterliegt erneut im Finale Bernadette Szocs
Es soll einfach nicht sein: Bei ihrer altersbedingt letzten Jugend-Europameisterschaft wollte sich Petrissa Solja unbedingt mit einem Titel im Mädchen-Einzel verabschieden. Doch wie schon vor knapp zwölf Monaten in Kasan musste die 18-Jährige nach dem Endspiel erneut Bernadette Szocs aus Rumänien zum Gewinn der Goldmedaille gratulieren. Dementsprechend enttäuscht zeigte sich die Linkshänderin auch noch im Rahmen der Siegerehrung. Mit 4:11, 3:11, 7:11 sowie 6:11 wurde das Finale verloren. Eine Niederlage im Eiltempo, bei der Solja vom ersten bis zum letzten Ballwechsel chancenlos war. Die Titelverteidigerin erwischte einen „Sahnetag“, spielte sehr druckvoll und erlaube sich kaum einfache Fehler. „Ich habe schlichtweg sch... gespielt“, gab Petrissa Solja zu Protokoll, um auf der anderen Seite jedoch anzuerkennen, „dass meine Gegnerin deutlich stärker war“. Eva Jeler beobachtete die Partie auf der Tribüne und musste feststellen, „dass Bernadette Szocs ihrer Gegnerin überhaupt keine Luft zum atmen ließ“. Außerdem sei der logische Trainingsrückstand von Solja deutlich zu erkennen gewesen. Erst nach dem erfolgreich abgelegten Fach-Abitur Anfang Juni konnte die gezielte EM-Vorbereitung beginnen. „Anstatt zu trainieren, saß Petrissa über ihren Büchern und musste lernen“, so Jeler weiter. „Dafür hat sie hier ein wirklich gutes Turnier gespielt.“
Nach dem Gewinn der Goldmedaille im Mixed zusammen mit Frederick Jost stand Petrissa Solja noch ein zweites Mal ganz oben auf dem Siegerpodest. Wie schon vor einem Jahr in Kasan waren Solja und Bernadette Szocs erneut nicht zu besiegen. Im Endspiel behaupteten sich die alten und neuen Doppel-Europameisterinnen gegen die Überraschungsfinalistinnen Anija Fenyvesi/Viktoria Truzsinski aus Serbien mit 11:6, 11:9 und 11:9. Auch in der wenige Stunden zuvor gespielten Vorschlussrundenpartie gegen Mateja Jeger/Aneta Maksuti (Kroatien/Serbien) blieb die deutsch-rumänische Kombination ohne Satzverlust (11:8, 11:7, 11:7). „Dieser EM-Titel ist schon ein kleiner Trost für die Endspielniederlage im Einzel“ gestand Petrissa Solja. „Aber auch nur ein ganz kleiner.“ Allerdings täuschte besonders das Resultat im Finale ein wenig über das tatsächliche Kräftemessen hinweg. So mussten Solja/Szocs im zweiten Satz beispielsweise einen zwischenzeitlichen 4:9-Rückstand aufholen. „Vor einem Jahr erfuhren wir weniger Gegenwehr von der Konkurrenz.“
Schülerinnen-Doppel: Wan/Lemmer kassieren einzige Niederlage im Endspiel
Als wenn es Bundestrainerin Dana Weber im Vorfeld geahnt hätte. „Das wird eine schwere Aufgabe werden“, so die Einschätzung vor dem Endspiel zwischen Yuan Wan/Alena Lemmer und Adina Diaconu/Mihaela Diana aus Rumänien. Weber sollte (leider) richtig liegen und musste eine 8:11, 11:5, 9:11 und 6:11-Niederlage vom Boxenrand aus verfolgen. „Ich habe den Eindruck gehabt, dass die Rumäninnen den größeren Siegeswillen besaßen.“ Auf der anderen Seite seien im Spiel von Wan und Lemmer kaum Emotionen zu beobachten gewesen. „Es handelte sich schließlich um ein Finale und der Sieg wäre doch das i-Tüpfelchen gewesen.“ So aber musste sich die DTTB-Paarkung, bis zu diesem Zeitpunkt im Multiversum noch ohne Niederlage behaftet gewesen, mit der Silbermedaille begnügen. „Schade, es war deutlich mehr möglich“, ärgerte sich Weber und stellte fest, „von Beiden schon bessere Doppel gesehen zu haben“. Schwacher Trost: Im Jahr 2011 hatte es in Kasan „nur“ zu Bronze gereicht.
Marco Steinbrenner
Die Spiele mit DTTB-Beteiligung am Sonntag
Mädchen-Einzel
Finale
Petrissa Solja - Bernadette Szocs ROU 0:4 (-4,-3, -7, -6)
Halbfinale
Petrissa Solja - Irina Ciobanu ROU 4:1 (5, 8, -8, 3, 6)
Mädchen-Doppel
Finale
Petrissa Solja/Bernadette Szocs - Anija Fenyvesi/Viktoria Truzsinszki SRB 3:0 (6, 9, 9)
Halbfinale
Petrissa Solja/Bernadette Szocs ROU - Mateja Jeger/Aneta Maksuti CRO/SRB 3:0 (8, 7, 7)
Schülerinnen-Einzel
Finale
Alena Lemmer - Marie Migot FRA 4:0 (6, 7, 10, 6)
Halbfinale
Alena Lemmer - Tin Tin Ho ENG 4:2 (8, 8, -9, -10, 8, 10)
Schülerinnen-Doppel
Finale
Yuan Wan/Alena Lemmer - Adina Diaconu/Mihaela Diana ROU 1:3 (-8, 5, -9, -6)
Halbfinale
Yuan Wan/Alena Lemmer - Natalia Bajor/Rita Fins POL/POR 3:0 (8, 3, 11)
Quelle: DTTB