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Saisonziele in Reichweite: Fulda-Maberzell und Gönnern in der DTTL

Im 42. Jahr der Tischtennisbundesliga, die seit dieser Saison unter Deutsche Tischtennis Liga (DTTL) firmiert, kämpfen in der Eliteklasse mit dem Waldner-Klub TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell und dem zweimaligen Champions-League-Sieger TTV Gönnern zwei hessische Teams um Punkte und Erfolge.

Die Ausgangslage könnte unterschiedlicher nicht sein.
Foto: Fuldas prominenter Neuzugang: Ex-Weltmeister Jörgen Persson.

Fulda konnte sich mit Ex-Weltmeister Jörgen Persson gezielt verstärken und der Tischtennis-Ikone Waldner einen zweiten prominenten, zugkräftigen "Alten Schweden" zur Seite stellen.
Gönnern hingegen verfolgt im Jahr Eins nach Timo Boll mit der jüngsten Bundesligatruppe aller Zeiten unter Verbandscheftrainer Helmut Hampl nur ein Ziel, nämlich den Klassenerhalt.
Auch wenn beide mit ernüchternden Niederlagen in die kurze Festtagspause geschickt wurden - Fulda unterlag in Jülich sensationell mit 1:6 und Gönnern zeigte sich beim 3:6 dem Abstiegskonkurrenten Werder Bremen vor allem mental nicht gewachsen - ist das bisherige Abschneiden der Hessen keinesfalls eine Misserfolgsstory. Die Saisonziele beider erscheinen sieben Spieltage vor Rundenschluss durchaus noch realisierbar.
Neu, aber beileibe nicht unerwartet ist der Umstand, dass sich die "Hessen-Hierarchie" umgekehrt hat und erstmals das Team aus Osthessen im Klassement klar in Front liegt.

Der TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell kann sich über mangelnden Zuschauerzuspruch nicht beklagen. 3.700 Tischtennisfans wollten die bisherigen fünf Heimspiele live sehen, also rund 740 im Schnitt. Bei den DTTL-Kassierern ist der TTC überdies ein äußerst gerne gesehener Gast, sorgt er doch regelmäßig für passable Tageseinnahmen. Hinter Ligazugpferd Düsseldorf ist Fulda das Team mit der zweitbesten Auswärtszuschauerbilanz - durchschnittlich 1.045 Besucher pilgerten in die Sporthallen, wenn Maberzells rüstige Ex-Weltmeister zu bestaunen waren. Alleine 4.200 drängten sich zum Saisonauftakt bei der Begegnung Düsseldorf gegen Fulda. Das Team ist attraktiv besetzt und zugkräftig. Dazu kommt, dass der Klub im Raum Osthessen absolut konkurrenzlos ist und ein großes Einzugsgebiet sowie eine rege, engagierte, bisweilen heißblütige Fangemeinde aufweist.
Auch leistungsmäßig kann Fulda sich sehen lassen, wenngleich die Nummer Eins, der wendige Bulgarien-Chinese Feng Zhe, in dieser Runde noch nicht wie gewohnt in Tritt gekommen ist - 10:11 ist für ihn keine berauschende Zwischenbilanz. "Oldie" Waldner hält vorne nach wie vor ordentlich mit (8:10) und zaubert an guten Tagen mit begnadeter Hand auch noch reichlich Galeriebälle hervor. Jörgen Persson spielt zuverlässig, seine 8:6-Zwischenbilanz erscheint aber noch verbesserungsfähig. Jörg Schlichter schließlich hat Erstligaformat, muss aber nervlich noch stabiler werden. Von zehn verlorenen Matches gingen sechs im Entscheidungssatz an die Gegner, fünfmal ging der talentierte Schwabe in osthessischen Diensten bislang siegreich von der Platte. Erfolgreichstes Doppel ist die Formation Feng/Meng (5:3), während die beiden schwedischen Sympathieträger Waldner/Persson mit 2:5 noch nicht im Soll liegen.
Fulda kämpft um den vierten Play-Off-Rang, Hauptrivale ist Ochsenhausen, das derzeit drei Punkte Vorsprung aufweist. Allerdings hat das Team aus der Rhön bereits die obligatorische Rückrundenniederlage gegen die "Übermannschaft" aus Düsseldorf kassiert, gegen das der Konkurrent aus Oberschwaben erst noch antreten muss. Auch international ist man noch gut im Geschäft und kann am 4. Januar 2008 im italienischen Castelgoffredo den Einzug ins Halbfinale des ETTU-Cups perfekt machen.
Vorsitzender Stefan Frauenholz blickt dementsprechend optimistisch zurück und gleichzeitig nach vorne: "Wir stehen auf Platz 5 und sind trotz der letzten Niederlage auf Kurs. Ich bin zufrieden, immerhin ist dies die beste Platzierung, die wir jemals zum Jahreswechsel vorweisen konnten. Erstmals ist für uns der Abstieg überhaupt kein Thema und können sich unsere Blicke nur nach oben richten. Zudem waren wir immer eine Rückrundenmannschaft, die nach Jahreswechsel erst so richtig aufgedreht hat. Wir haben beide Ziele, Play-Offs und ETTU-Cup, fest im Visier. Außerdem sind wir froh, erstmalig im hessischen "Duell" vor Gönnern zu stehen."

Der TTV Gönnern hat mit seiner im Schnitt 20-jährigen Truppe bislang alles andere als enttäuscht. Man hat sogar wiederholt die gesamte Liga aufhorchen lassen und Duftmarken gesetzt, so beim sensationellen 6:4 gegen Borussia Düsseldorf und dem 3:1-Cuperfolg bei Titelverteidiger Grenzau, durch das man ins Pokal-Final-Four einzog.
Leider konnte man diese Topleistungen gerade dann nicht bestätigen, wenn es am dringlichsten gewesen wäre. So sprang gegen die Mitkonkurrenten im Kampf um den Klassenverbleib bisher ein einziger kümmerlicher Zähler heraus. Es fehlt der zukunftsträchtigen Boy-Group noch an Erfahrung, Routine, nervlicher Stabilität und Konstanz - allerdings nicht verwunderlich, bedenkt man, dass der chinesische Abwehrstratege Wang Xi mit 23 Jahren der "Opa" des Teams ist.
Mit Wang hat man einen absoluten Glücksgriff getätigt. Der vor seiner Verpflichtung hierzulande fast unbekannte virtuose Abwehrstratege aus dem Reich der Mitte mit der knallharten Vorhand hat sich als DTTL-Topspieler entpuppt, der mit einer 15:6-Zwischenbilanz im oberen Paarkreuz mittlerweile auf Platz 2 der Liga-Bestenliste rangiert - direkt hinter seinem Vorgänger beim TTV, Timo Boll.
Der sympathische, bescheidene junge Asiate, der sich nach jedem gewonnenen Spiel fast ein wenig verlegen vor dem Publikum verneigt, ist auch menschlich ein Gewinn und hat sich in die Herzen der treuen Fans gespielt, die den Verein auch ohne Timo, Rossi und Bobo nicht im Stich lassen - im Schnitt kamen 550 Besucher je Heimspiel. Es ist schlicht und einfach in hohem Maße sehenswert, Wang-Spiele zu verfolgen. Ein Genuss für alle, die ein Herz für modernes Defensivspiel haben und keinen technisch-taktischen Einheitsbrei mögen. Gönnern hat durch sein gutes Händchen bei der Verpflichtung des Chinesen der Liga eine absolute Bereicherung beschert.
Leider ist der Leistungsabstand zwischen der Nummer Eins und dem Rest des Teams noch recht groß. Der erst 17-jährige Engländer Paul Drinkhall besitzt großes Potenzial und hat als Zweier nicht enttäuscht (4:6), stand aber bis dato zu selten für Einsätze zur Verfügung. Zuletzt gegen Bremen wurde er schmerzlich vermisst. Antonin Gavlas hat sich zwar spielerisch weiterentwickelt, jedoch ist die Unberechenbarkeit die Visitenkarte des jungen Tschechen, der vorne teilweise Riesenspiele gegen Topakteure der Liga abliefert und einige Tage später dann hinten gegen "Nobodys" bisweilen völlig chancenlos untergeht. Zweimal schon konnte Gavlas in dieser Saison Dimitrij Ovtcharov bezwingen, nur beim 4:6 in Jülich, als seine Punkte so wichtig gewesen wären, traf er kaum einen Ball. Steffen Mengel (4:13) und Abwehrspieler Ruwen Filus (3:9) sind zweifellos talentiert, können bislang aber nur an richtig guten Tagen punkten und scheitern zu oft noch an ihren Nerven. Die Doppel - Wang/Filus und Gavlas/Mengel - sind mit jeweils 5:6-Zwischenbilanzen durchaus ligatauglich.
Man belegt mit Rang 9 derzeit einen Abstiegsplatz, drei Zähler hinter Bremen und Jülich und zwei Punkte vor "Kellerkind" Plüderhausen. Es kann aber durchaus sein, dass diese Platzierung am Ende zum Klassenerhalt ausreichen würde, wenn etwa nur ein Aufsteiger den Weg in das "Abenteuer DTTL" antritt, die ab der kommenden Saison mit Dreierteams und einem neuen Spielsystem aufwartet. Deshalb sollte es das Minimalziel des perspektivenreichen Quintetts aus dem Hessischen Hinterland bleiben, zumindest nicht weiter abzurutschen und durch entsprechende Leistungen dafür zu sorgen, dass die Schwaben die rote Laterne nicht mehr abgeben können.

Gönnerns Vorsitzender Torsten Märte bleibt Optimist: "Wir glauben nach wie vor an unsere Chance auf den Klassenerhalt, die wir besonders in den Heimspielen gegen Jülich und Plüderhausen beim Schopf packen wollen. Überhaupt können wir zufrieden sein: Vor der Saison haben uns alle als den Absteiger Nummer Eins gesehen, der keinen Punkt holen wird. Mittlerweile sprechen alle voller Anerkennung von uns und der jüngsten Bundesligamannschaft aller Zeiten. Ich bin zuversichtlich, dass wir erstklassig bleiben und 2008/09 mit den vier großen Talenten Wang, Gavlas, Mengel und Filus die erste DTTL-Saison nach dem neuen Modus bestreiten werden."

(Text & Fotos: Dr. Stephan Roscher)


Foto oben: Stolz auf seinen Chinesen: Gönnerns Vorsitzender Torsten Märte mit Wang Xi.

Foto unten: Fuldas prominenter Neuzugang: Ex-Weltmeister Jörgen Persson.

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