Fotos (alle von Dr. Stephan Roscher): Bundestrainer Richard Prause, der Timo Boll coachte, hatte reichlich Grund zur Freude in Lüttich (oben); Timo dynamisch bei seinem Viertelfinalsieg über Weltmeister Wang Liqin (Mitte); der frischgebackene World-Cup-Sieger aus Hessen hatte seinen Pokal zum Küssen gerne (unten).
Nach dem Triumph gönnte sich Boll erst mal ein Nickerchen auf der Platte. Dabei hatte Boll im Endspiel gegen den Vierten der Weltrangliste im vorletzten Satz schon mit 4:8 hinten gelegen. Dem chinesischen Penholder-Spieler fehlten bei einer 3:2-Satzführung nur noch drei Punkte zum Triumph. Doch der für den TTV Gönnern startende Linkshänder kämpfte sich wieder heran und konnte den Satz nach sieben Punkten in Folge noch für sich entscheiden. Im letzten Durchgang ließ der 24-Jährige nichts mehr anbrennen und zog schnell auf 6:0 davon. Am Ende sicherte sich Boll mit 11:3, 4:11, 11:8, 3:11 11:13, 11:8 und 11:5 den Titel beim wichtigsten Turnier nach den Olympischen Spielen, Welt- und Kontinentalmeisterschaften.
"Ich habe zu den richtigen Zeitpunkten noch mal 100 Prozent bringen können und bin natürlich sehr glücklich. Aber das Turnier hätte wohl keinen Satz länger dauern dürfen, denn ich habe im Turnier nach den anstrengenden Wochen doch recht häufig Müdigkeit verspürt und freue mich jetzt erst einmal auf eine kleine Pause", kommentierte der deutsche Meister einen der größten Erfolge seiner Karriere.
Fit mit Traubenzucker
Dabei sah es nach der Vorrunden-Niederlage gegen Europameister Wladimir Samsonow aus Weißrussland - Bolls erster Niederlage nach 19 Siegen in Serie - nicht unbedingt nach einem Triumph des 24-Jährigen in Lüttich aus. "Mein Physiotherapeut und Traubenzucker haben mich stets fit gemacht", erläuterte er sein Erfolgsgeheimnis. Aber auch das Ende seiner chronischen Kreuzschmerzen hat sicherlich einen großen Anteil an Bolls Weltklasseform: "Seit Jahresanfang kann ich schmerzfrei trainieren", sagte der Doppel-Vizeweltmeister.
ZitatBoll nach dem Finale:
"Jetzt mache ich erst mal drei oder vier Tage Pause. Da kann der Trainer sagen, was er will. Das lege ich jetzt fest."
Besonders befriedigend dürfte für den Weltranglistenzweiten sein, dass er sich ab dem Viertelfinale gleich gegen drei chinesische Topspieler durchsetzen konnte. In der Vorschlussrunde bezwang er zum ersten Mal nach sechs Jahren seinen Angstgegner, den chinesischen Titelverteidiger und Weltranglistendritten Ma Lin, in einem Sieben-Satz-Krimi mit 4:3 (11:9, 5:11, 11:7, 6:11, 11:8, 8:11, 11:6). Im Viertelfinale räumte er mit dem gleichen Endergebnis (3:11, 9:11, 11:6, 14:12, 11:9, 2:11, 11:7) Weltmeister Wang Liqin aus dem Weg.
"Jetzt weiß ich, dass ich bei den wichtigen Turnieren gegen alle Spieler gewinnen kann", meinte der Hesse. "Es ist ein sehr gutes Gefühl, keine richtigen Angstgegner mehr zu haben." Außerdem dürfte Boll seinem großen Ziel, der Rückkehr auf Platz eins der Weltrangliste, ein gutes Stück näher gekommen sein. "Der Vorsprung von Weltmeister Wang Liqin ist diesmal zu groß", sagte Bundestrainer Richard Prause. "Timo wird den Rückstand aber verkürzen."
Boll gewinnt Weltcup
"Bestes Turnier meines Lebens"
Lüttich (dpa). Timo Boll hat zum zweiten Mal nach 2002 den Weltcup gewonnen. Im Finale des viertwichtigsten Turniers der Welt im belgischen Lüttich bezwang der Erbacher den Olympia-Zweiten Wang Hao mit 4:3 und sicherte sich die Siegprämie von 44.000 Dollar. Als die "Chinesische Mauer" vor 3.000 begeisterten Zuschauern in Lüttich endlich eingerissen war, stieß Boll erleichtert die Fäuste in die Luft, rollte sich auf den Tisch und ließ sich mit "Timo, Timo"-Rufen vom Publikum feiern. "Das war das beste Turnier meines Lebens", resümierte der Weltranglistenzweite die vergangenen drei Tage.
Foto oben: Finalszene Boll gegen Wang Hao
Foto Mitte: Timos Jubeleinlage auf dem Tisch nach dem verwandelten Matchball
Foto unten: Siegerterzett Ma Lin, Timo Boll und Wang Hao sowie Turnierorganisator Philippe Saive (v.r.n.l.)
(Fotos: Dr. Stephan Roscher)