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"Jedes Spiel wird zum Event"

Tischtennis-Star Timo Boll macht beim TT-Shop Uli Schäfer in Wieseck Station

Von Norbert Englisch

Auf der Promotionstour seiner Ausrüsterfirma machte der aktuelle Weltranglistenzweite im Tischtennis, Timo Boll aus dem hessischen Odenwald, Station beim TT-Shop Uli Schäfer in Wieseck. Nach mehreren Wochen in China befand sich Boll mit Ehefrau Rodelia auf dem Weg zu den Schwiegereltern nach Dillenburg. Der 30-jährige Ausnahmeathlet schrieb geduldig Autogramme, beantwortete die Fragen seiner Fans und spielte auch ein paar Ballwechsel mit ihnen. Für diese Zeitung beantwortete Boll Fragen zu seiner Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft.

Was sind Ihrer Meinung nach die gravierendsten Veränderungen im und um den Tischtennissport herum in den letzten Jahren und wie gehen Sie damit um?

Boll: Viele Spitzenspieler haben Angst, dass man durch Regelveränderungen seinen Ranglistenplatz verliert und zurückfällt. Sicherlich gab es auch für mich Schwierigkeiten bei der Vergrößerung des Tischtennis-Balles und der neuen Aufschlagregelung. Aber letztlich haben sich die Besten immer wieder durchgesetzt. Deshalb habe ich keine Angst vor Neuem. Was mit dem neuen Ballmaterial ist, kann ich nicht beurteilen, damit habe ich noch nicht gespielt.

Wenn einer eine Reise tut, da kann er was erzählen. Sie haben jetzt mehrere Wochen in China verbracht, von den Lebensumständen in China bekommen viele in Europa wenig mit. Wie haben Sie den Wandel in China in den letzten Jahren erlebt und wie macht er sich evtl. im Tischtennis bemerkbar?

Boll: Tischtennis war in China schon immer populär. Er ist Volks- und auch Mediensportart. Jedes Spiel wird zum Event gemacht. Abseits des Sports fällt auf, dass sich das Land in enormen Veränderungen befindet. Ein Beispiel: Es gibt heute viel weniger Fahrräder, dafür viel mehr Autos als zu Beginn meiner China-Reisen. Die Unterschiede zwischen den Städten und dem Land sind aber noch immer sehr groß.

Sie tanzen während eines Jahres auf mehreren Hochzeiten. Bundesliga, WM, Olympische Spiele: Wie sind die Prioritäten gesetzt?

Boll: Ich bin ein Typ, der - wenn er spielt - immer gut spielen will, da gibt es keine Sparflamme, keine Schonung. Natürlich sind die Olympischen Spiele das höchste Ziel, danach die WM in Dortmund im kommenden Frühjahr. Aber auch in der Bundesliga gebe ich 100 Prozent.

Kein Mensch kann eine ganze Saison 100 Prozent geben. Wie merken Sie dann, dass Sie eine Pause einlegen müssen?

Boll: Man muss in seinen Körper hinein hören. Wenn ich platt bin, sinkt meine Motivation und ich merke, wenn ich unkonzentriert bin. Mittlerweile scheue ich mich dann auch nicht mehr, ein Turnier abzusagen.

Wie ist die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele geplant?

Boll: Die Chinareise war ja Teil eins meiner Olympia-Vorbereitung. Die weiteren Schritte sind bisher nur grob geplant. Nächste Woche treffe ich mich mit dem Bundestrainer Jörg Rosskopf. Ich weiß derzeit nur, dass es einige Lehrgänge geben wird, so zum Beispiel traditionell einen Konditionslehrgang in Hinterzarten. Dann werden wir in der Tischtennis-Akademie von Werner Schlager in Österreich hervorragende Trainingspartner haben. Auch ist ein Lehrgang auf ETTU-Ebene vorgesehen.

Ein kurzer Rückblick in die Vergangenheit: Ihre Karriere hat beim Hessischen Verband (HTTV) begonnen? Was gibt es für besonders gute oder auch schlechte Erinnerungen? Wie beurteilen Sie die aktuelle Arbeit des HTTV aus der Ferne?

Boll: Ich habe eigentlich nur gute Erinnerungen an meine Jugendzeit in Hessen. Es war das Beste, was mir passieren konnte. Besonders dankbar bin ich dafür, dass ich mit Helmut (Hampl, die Red.) zusammengekommen bin. Heute hat der HTTV aber noch weitere gute Trainer. Slobodan Grujic zum Beispiel oder Gao. In Internat und Sportschule findet der Nachwuchs optimale Bedingungen.

Sie sind jetzt 30 Jahre alt. Gibt es bei Ihnen bereits Gedanken ans (internationale) Karriereende? Haben Sie schon Vorstellungen, was nach der großen sportlichen TT-Karriere kommen soll?

Boll: Zunächst einmal will ich noch 4 bis 6 Jahre auf Topniveau spielen - da gehört die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 dazu. Ab und zu mache ich mir schon Gedanken um die Zukunft, denn eine Sportlerkarriere kann schnell zu Ende sein. Es wäre sicher schade, wenn ich mein Tischtennis-Wissen nicht weitergeben würde. Andererseits bin ich nicht ein Typ wie Helmut Hampl, der jeden Tag in der Halle stehen will. Vielleicht probiere ich ja was ganz Neues aus. Aber bis zur Entscheidung habe ich ja hoffentlich noch Zeit.

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